Off topic: Telepathinnen am Werk

„Tierkommunikation“ = „telepathische“ Kommunikation mit Tieren ist eine Form der Tierhalter-Abzocke, die von immer mehr „Telepathinnen“ im Web offeriert wird.
In der Regel läuft das so ab: ein Foto des Tiers schicken, Geld bezahlen (meist um die 50 Euro), dann am Telefon oder schriftlich erzählt bekommen, was das Tier angeblich kommuniziert hat („Der Hund fühlt sich manchmal unsicher“ und dergleichen Gemeinplätze).
Es fällt schwer zu glauben, dass jemand auf so einen Humbug hereinfällt. Aber es gibt ja auch Leute, die zu Wahrsagerinnen gehen.
Lustig ist, wie Tierkommunikatorinnen ihre Telepathie verteidigen. Besonders beliebt ist die Analogie zur Schwerkraft: Die habe es schließlich auch schon gegeben, bevor Newton ihre Gesetze formuliert habe.
Ja, Dummerchen, die Menschen haben die Schwerkraft in der Tat schon lange vor Newton gekannt. Mehr noch, sie haben sie GENUTZT. Sie wussten, dass Wasser nicht von unten nach oben fließt und dass Baumstämme nicht bergauf rollen. Newton hat dem alltäglichen Umgang mit der Schwerkraft nichts hinzugefügt, er hat sie nur wissenschaftlich beschrieben.
Wenn es so etwas wie Telepathie gäbe und schon immer gegeben hätte – von der Wissenschaft bisher boshaft ignoriert -, dann müsste es ja auch alltägliche Anwendungen dieser spektakulären Geisteskraft geben. Doch die gibt es nicht. Statt dessen haben sich die Menschen solche Notbehelfe wie Meldeläufer, Rauchzeichen, berittene Boten, Postkutschen, Brief, Telegraphie, Funk, Telefon, E-Mail und Kommunikationssatelliten erfunden.
Hübsch sind auch die Ausschlussklauseln, mit denen sich Tierkommunikatorinnen gegen eine mögliche Überprüfung ihrer Fähigkeiten absichern: „Beweisfragen“ sind unerwünscht und werden nicht beantwortet. Nach dem Aufenthaltsort entlaufener Tiere zum Beispiel darf díe Kundschaft nicht fragen. (Aber dafür darf man fragen, welchen Namen Fundtiere bei ihren früheren Besitzern hatten.) „Beweisfragen setzen mich unter einen großen Druck“, teilt eine Tierkommunikatorin mit. Das glauben wir sofort.
Dieser Tierkommunikationsunfug erinnert an die Ferndiagnosen mancher „Tierheilerinnen“ anhand eingesandter Haare. Mindestens zweimal haben sich kritische Personen den Spaß gemacht, diese Superdiagnostikerinnen vorzuführen. Im einen Fall wurden Haare eines an Altersschwäche gestorbenen Hundes eingeschickt – die Ferndiagnostikerin bescheinigte dem Tier posthum eine ganze Latte von Krankheiten, die es nachweislich niemals hatte. Im zweiten Fall wurden gar Haare von einem Plüschteddy eingeschickt und als Haare von „Meerschweinchen Max“ ausgegeben. Auch da fand die Haardiagnostikerin jede Menge bedenkliche und behandlungsbedürftige Krankheiten.
Wer 50 Euro übrig hat, kann sich mal den Spaß machen und das Foto eines verstorbenen Haustiers an eine Tierkommunikatorin schicken. Bestimmt wird sie keinerlei Probleme haben, ins Jenseits zu kommunizieren. In der Welt der Wundergläubigen ist schließlich alles möglich.


Nachtrag 2015 – ein aktuelles Beispiel für die Fähigkeiten von „Tierkommunikatorinnen“:


Wir freuen uns mit Familie B., dass die in Not und aus Verzweiflung heraus befragten Damen, die von sich behaupten, dass sie „Tierkommunikatorinnen“ seien, alle 3 (drei!!!) mit ihrer „Begabung“ so dermaßen daneben lagen, dass im Gegensatz zu ihren Aussagen der Kater lebt!

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