Dass die Impferei in der Kleintiermedizin zum Himmel stinkt, haben viele Tierhalter/innen schon mitbekommen.
Bei nicht wenigen führt die Beschäftigung mit Haustierimpfungen früher oder später zu der Frage, ob es denn in der Humanmedizin sauberer zugeht. Werden auch Menschen zu oft geimpft und/oder mit Impfstoffen von fragwürdigem Nutzen? Welche Impfungen sind sinnvoll, welche nicht? Ist hier die Forschungslage besser als in der Veterinärmedizin? Wer bestimmt, wogegen geimpft wird, wie kommen öffentliche Impfempfehlungen zustande? Gibt es eine ausreichende Überwachung und Erfassung von Impfnebenwirkungen? Usw, usf.
Antworten auf diese und viele andere Fragen finden sich in „Impfen – Pro & Contra“, dem Impfbuch des Münchener Kinderarztes Dr. Martin Hirte, das soeben in komplett überarbeiteter Neuauflage erschienen ist. Kein anderes Buch über Impfungen bietet derart umfassende, fundierte und aktuelle Information zum Thema, und das in verständlicher Sprache.
Im allgemeinen Teil des Buchs erläutert Hirte, wie Impfstoffe hergestellt werden, was sie enthalten, wie sich natürliche und künstliche Immunisierung unterscheiden, wer an Impfempfehlungen mitwirkt und daran verdient, welche Nebenwirkungen wahrscheinlich oder gesichert sind, und vieles andere mehr.
Im zweiten Teil werden alle öffentlich empfohlenen Impfungen sowie Impfungen in speziellen Lebenslagen (etwa für junge Eltern oder alte Menschen) ausführlich erklärt. Der Schwerpunkt liegt auf den Impfungen für (Klein-) Kinder, da sie die Hauptzielgruppe der Impfempfehlungen sind. Aber auch für Heranwachsende und Erwachsene aller Altersstufen wird reichliche Information geboten, etwa zur Impfung gegen Papillomviren, zur Grippeimpfung oder zu Reiseimpfungen. Das einfach gestaltete, übersichtliche Inhaltsverzeichnis ermöglicht es, das Buch als Nachschlagewerk zu benutzen, beispielsweise wenn die Frage auftaucht, ob man sich gegen Tetanus nachimpfen lassen soll. Im Anhang werden die öffentlichen Impfempfehlungen – für Deutschland, Österreich und die Schweiz – wiedergegeben. Für Eltern, denen angesichts der heutigen Impfprogramme für Säuglinge und Kleinkinder mulmig ist, werden die Möglichkeiten alternativer Impfpläne skizziert.
Hirte ist kein Impfgegner, wie ihm manchmal unterstellt wird, er spricht sich sehr wohl für einige Impfungen aus. Er macht aber kein Hehl aus seiner Kritik am Schulterschluss der Pharmaindustrie, der mit ihr verbandelten Experten und der staatlichen Institutionen. Er zeigt ein ums andere Mal auf, wie öffentliche Impfempfehlungen auf schwacher Wissensbasis durchgedrückt wurden. Es irrt, wer glaubt, dass Impfstoffe für Menschen erschöpfend auf Wirksamkeit, Sicherheit, Verträglichkeit und Langfristeffekte untersucht seien. Die Unterlassungen und Lücken sind nicht so groß wie in der Veterinärmedizin, aber sie sind da, und es sieht nicht so aus, als würden sie bald beseitigt.
Dem Autor ist vorgehalten worden, er suche sich seine Quellen so aus, dass sie zu seinen Thesen passten. Das ist angesichts der Überfülle an Referenzen, die Hirte anführt, völlig haltlos. Und es ist grotesk, wenn man sich vor Augen führt, wie Forschung ignoriert und totgeschwiegen wird, wenn sie dem medizinisch-industriellen Komplex missfällt. Dieses Machtgefüge lässt nur Studien gelten, die seinen Interessen dienen.
Das wohl prominenteste Beispiel dafür ist die Influenzaimpfung. Methodisch saubere Studien etwa über den zweifelhaften Nutzen der Impfung für die Hauptzielgruppe der alten Menschen und der chronisch Kranken werden nicht zur Kenntnis genommen und fließen in die Entscheidung über öffentliche Impfempfehlungen nicht ein (s. hierzu Hirte, S. 400 ff). Das haben Wissenschaftler um Tom Jefferson hinreichend belegt, doch niemand schert sich um ihre Ergebnisse, und so werden Jahr für Jahr viele Millionen Euro in die Kassen der Impfstoffhersteller geleitet, die anderswo fehlen. Für die Ausstattung von Kinderkrebsstationen muss auf der Straße gebettelt werden, für Impfstoffe wird jeder Preis bezahlt.
Fazit: ein außerordentlich informatives, gründliches, kritisches und gut geschriebenes (Nachschlage-) Werk. Eine wichtige und lohnende Lektüre für alle, die ihre Gesundheit nicht dem medizinisch-industriellen Komplex überantworten wollen. Und noch dazu preiswert.
Martin Hirte: Impfen – Pro & Contra. Das Handbuch für die individuelle Impfentscheidung. Komplett überarbeitete und aktualisierte Neuauflage. Knaur-Taschenbuch, München 2012, 509 Seiten, 12,99 Euro
(*) Wie es der Zufall will, hörten wir, just als wir dies hier geschrieben hatten, einen Bericht im Deutschlandfunk: Die Grippeimpfung sei „nicht so wirksam wie gedacht“. Huch. Besonders gut informiert war die Autorin dieses Beitrags offenbar nicht. Sonst hätte sie die Erkenntnisse der Forscher in Minnesota nicht als neu verkauft. Sie haben einen Überblick über die (methodisch akzeptablen) Wirksamkeitsstudien der vergangenen Jahrzehnte vorgelegt. Das haben andere Forschergruppen schon lange vor ihnen getan, mit dem gleichen Ergebnis. Was in Minnesota rausgefunden wurde, war längst bekannt. Es wurde allerdings mit aller Macht ignoriert – von der Industrie, den Experten, Impfkommissionen und Gesundheitsbehörden. Und auch die Medien haben kaum jemals kritisch hingesehen. Wer nicht nur die Impfmarketing-Gazetten, Verlautbarungen der Stiko u. ä. liest, weiß von der schlechten Wirksamkeit spätestens seit den systematischen Reviews, die Tom Jefferson und Kollegen seit vielen Jahren erarbeiten. – Wie üblich werden auch die Angaben zu den angeblichen Kosten der Impfstoffentwicklung (eine Milliarde aufwärts) in dem Beitrag ohne kritische Nachfrage wiedergegeben. Die Zahlen der Pharmaindustrie zu Forschungs- und Entwicklungskosten pro neuem Arzneimittel oder Impfstoff sind nachweislich extrem überzogen, s. zB Ben Goldacre, „Bad Pharma“. Die Pharmaindustrie gibt für Marketing viel mehr aus als für Forschung, das pfeifen die Spatzen von den Dächern.
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/forschak/1943001/