Abgründe

In den Impfthread eines Katzenforums geschaut, Abgründe erblickt.

Noch immer wird wiedergekäut, was Impfstoffmarketingabteilungen usw. Ende der 90er Jahre an Pseudo-Argumenten gegen verlängerte Impfintervalle unters Volk gebracht haben.

Da behauptet zB eine gewisse A., es gebe nur eine einzige Studie (Scott/Geissinger) zum Langzeitschutz der Seuche-Schnupfen-Impfung für Katzen. Und diese Studie beweise nichts, weil sie unter Laborbedingungen durchgeführt wurde.

So wird das da einfach hingeschrieben. Und das im Jahr 2013.

1. Es gibt zwei Methoden, die Dauer des Impfschutzes bei Haustieren zu untersuchen. Die erste, weniger aussagekräftige ist, dass man bei ganz normalen Tieren in Privathaltung über die Jahre die Impftiter misst. Die andere ist, dass man geimpfte Tiere und als Kontrollgruppe ungeimpfte Tiere von der Außenwelt abgeschirmt hält, über die Jahre ihre Titer misst und sie nach drei oder vier oder fünf oder sechs oder sieben usw. usf. Jahren einer Belastungsinfektion unterzieht. 

Diese zweite Methode ist der Goldstandard in der veterinärmedizinischen Impfstoff-Forschung, denn durch die Laborhaltung wird ausgeschlossen, dass der Impfschutz der Tiere durch Kontakt mit Wildvirus (von Artgenossen) geboostert, also aufgefrischt wird. Die ungeimpften Kontrolltiere dienen zum Nachweis, dass die bei der Belastungsinfektion verwendeten Erreger wirklich scharf sind.

2. Zur wissenschaftlichen Bedeutung von Scotts und Geissingers Forschung: 

Sie haben nicht nur eine Studie, sondern zwei gemacht. Bei der ersten wurden nur Titer gemessen, dh es gab noch keine Belastungsinfektion nach den drei Jahren Dauer dieser ersten Studie.

Den US-Fachverbänden AAFP und AFM hat DIESE EINE STUDIE GEREICHT für ihre neuen Impfempfehlungen mit Dreijahresabständen. Damals, 1997/98, war die zweite Scott-Geissinger-Studie noch gar nicht veröffentlicht, die kam erst 1999 raus.

Warum hat schon diese eine Studie gereicht? Weil sie nur bestätigt hat, was schon vorher klar war: nämlich dass auch Katzen ein vollwertiges Immunsystem mit Immungedächtnis etc. pp. haben. Zudem wusste man, dass eine Katze nach überstandener Seuche-Infektion für den Rest ihres Lebens Immunität besitzt.

Man ist halt in den Impfempfehlungen einfach denselben Prinzipien gefolgt, die in der Humanmedizin zur Bestimmung der voraussichtlichen Immunitätsdauer gelten. Allerdings nur sehr halbherzig, galt es doch, die wirtschaftlichen Interessen der Pharmaindustrie und der praktischen Tierärzte zu berücksichtigen. Daher der faule Kompromiss mit den drei Jahren Impfabstand in den diversen Richtlinien und Empfehlungen.

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Alle weiteren Studien zur DOI von Katzenimpfstoffen (*) haben nur bestätigt, was in den ersten beiden Studien gezeigt wurde.  

Es existiert weltweit nicht eine einzige Studie, die beweist, dass Katzenimpfstoffe nur ein Jahr lang schützen.

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Weiter in jenem Thread des Schreckens. Es äußert sich wieder A:

Die Theorie mit den drei bis vier Jahren Immunitätsdauer stamme von Professor Horzinek, der sich dabei auf „die einsame Studie aus den USA“ gestützt habe. Und dieser Horzinek sei „in seinen Theorien sehr umstritten“.

Hoffentlich liest er das nicht. Es könnte ihn kränken. Schließlich ist er ein international renommierter Hochschulveterinär (Emeritus der Uni Utrecht) und bildet zusammen mit Michael Day (England) und Ronald Schultz (USA) die Vaccination Group des Weltverbands der Kleintierärzte WSAVA. Man kann Horzinek einiges ankreiden – vor allem, dass er über Impfungen mal so und mal anders redet, je nach Publikum. Aber eines kann man ihm ganz gewiss nicht vorwerfen: nämlich dass er der Urheber verlängerter Impfintervalle für Katzen und/oder Hunde sei.

Diese Ehre gebührt ausschließlich US-Hochschulveterinären. Horzinek und andere namhafte Professoren in Europa sind unseres Wissens erst Jahre nach ihren US-Kollegen auf diesen Zug aufgesprungen. (**) Was blieb ihnen auch anderes übrig? Die immunbiologischen Fakten ließen sich nun mal nicht leugnen.


(*) Ja, es gibt schon lange mehr als nur die zwei DOI-Studien von Scott und Geissinger, und zwar von unabhängigen Wissenschaftlern und von Impfstoffherstellern, und nicht nur zu Seuche und Schnupfen. Siehe zB Literaturlisten der US-Impfrichtlinien oder der Impfempfehlungen des Welttierarztverbands.

(**) In Deutschland zB ließen die Herrschaften sich mit neuen, etwas moderneren Impfempfehlungen bis 2006 Zeit. 

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