Katzenhalter/innen scheinen für absurde Impfmythen besonders empfänglich zu sein. Dieser Eindruck drängt sich leider immer wieder auf, wenn man stichprobenartig in Webforen schaut.
Typisches Fundstück: Da erzählt eine Katzenhalterin, ihr neu erworbenes Rassekätzchen habe eine richtig schwere Impfreaktion erlitten.
(Der Tierarzt möchte das Kätzchen übrigens gar nicht mehr impfen.)
Jetzt überlege sie, eine Totimpfstoff-Kombi gegen Seuche-Schnupfen geben zu lassen. Mit Totimpfstoffen müsse die Katze dann aber alle sechs Monate nachgeimpft werden.
Du lieber Himmel. Wie kommen die Leute nur auf so einen Blödsinn? Wer hat das in die Welt gesetzt?
Wer glaubt, dass Totimpfstoffe (Impfstoffe mit abgetöteten Erregern) nur sechs Monate schützen, der sollte sich konsequenterweise beim Hausarzt zur halbjährlichen Nachimpfung zB gegen Tetanus, Diphtherie und Polio (= Totimpfstoffe) anmelden. Der Doktor würde staunen.
Tatsache ist: Auch Totimpfstoffe schützen Katzen sehr lange gegen Seuche. Das haben Scott und Geissinger in ihren zwei bahnbrechenden Studien zum Langzeitschutz nach Impfung mit einer Totimpfstoff-Kombi gegen Seuche und Schnupfen gezeigt.
Der Seucheschutz war noch 7,5 Jahre nach der Impfung exzellent. Laut Scott und Geissinger ist davon auszugehen, dass er lebenslang anhält.
Der Schutz gegen die Schnupfen-Erreger Herpes- und Calicivirus war nicht so gut, aber das liegt an der Art der Erreger. Schnupfen-Impfstoffe schützen nicht vor Infektion und Symptomen, bestenfalls haben die geimpften Katzen mildere Symptome als ungeimpfte. Das gilt für frisch geimpfte Tiere genauso wie für solche, deren Impfung schon lange zurückliegt.
Beispielsweise Calici: Bei Kätzchen, die drei Wochen nach Impfung mit Calici-Lebendimpfstoff einer Belastungsinfektion ausgesetzt wurden, betrug die relative Schutzrate 64 Prozent, bei den Katzen in der Langzeit-Studie (Totimpfstoff, Belastungsinfektion 7,5 Jahre später) 63 Prozent.
PS: Die Geschichte erinnert uns an eine andere, die uns vor längerer Zeit in einem Katzenforum ziemlich entsetzt hat. Da berichtete eine Frau ganz stolz und überzeugt, an einer Schweizer Uni-Tierklinik würden chronisch schnupfenkranke Katzen alle halbe Jahre mit Totimpfstoff nachgeimpft. Die armen Tiere. Was sie davon haben sollen, ist völlig schleierhaft. Eine wissenschaftliche Basis hat dieses Impfprogramm jedenfalls nicht. Denn hätten Schnupfen-(Tot)impfstoffe einen therapeutischen Nutzen, also einen Nutzen für chronisch schnupfenkranke Katzen, wäre das der Fachwelt nicht verborgen geblieben.
PPS: Zwecks Impfsarkomverhütung sollten Katzen Seuche-Schnupfen-Lebendimpfstoffe erhalten. Totimpfstoffe enthalten Adjuvantien = erhöhtes Sarkomrisiko.