Seufz. Schon wieder die Kanaren

Zu unserem Beitrag über Versican DHPPi/L3R hat uns eine Leserzuschrift erreicht, in der man uns mitteilt (nicht zum ersten Mal), dass man auf den Kanaren jährlich gegen Tollwut impfen müsse. 

Hm. Das hat mit dem Thema des Beitrags, nämlich der jährlichen Tollwutimpferei in Deutschland mit diesem „Ein-Jahres“-Impfstoff, nichts zu tun. 

Aber wir wollen nun doch unseren Senf dazu geben.  

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Es kann schon sein, dass kanarische Behörden meinen, sie könnten sich ihre eigenen Vorschriften für die Einreise von Haustieren aus EU-Ländern (oder von sonstwo) geben. 

Die Kanarischen Inseln gehören zu Spanien und haben innerhalb der EU einen Sonderstatus, aber das gilt unseres Wissens nur für Zölle und Steuern.

Somit gibt es keinen ersichtlichen Grund, warum die EU-Vorschriften zu Reisen mit Haustieren, insbesondere zur Tollwutimpfung, auf den Kanaren nicht gelten sollten. 

Maßgebliche EU-Rechtsnorm ist die Verordnung 998/2003, die in Kürze, und zwar am 29. Dezember dieses Jahres, durch die Verordnung 576/2013 ersetzt wird. Im Kern sind die Bestimmungen dieselben wie früher, aber es ändert sich einiges beim EU-Heimtierpass (Identifikation und Impfeinträge müssen laminiert werden, usw., usf.). 

Die spanische Regierung informiert über die Vorschriften und die neue Verordnung (in Spanisch und, jeweils fettgedruckt, in Englisch) auf dieser Website: 

(Da waren wohl Fachleute am Werk, die schreiben die Bezeichnung der neuen Verordnung konsequent falsch, nämlich immer „Regulation (EC) no 576/20013“. Also eine Null zu viel, die Verordnung wurde nicht im Jahr 20013, sondern im Jahr 2013 beschlossen.)


Von Ausnahmebestimmungen für die Kanaren steht da nichts. Also müssten auch auf den Kanaren die ganz normalen EU-Vorschriften gelten, genauso wie in Spanien. 

Wenn kanarische Tierärzte oder Einreisebehörden meinen, 

dass Hunde und Katzen und Frettchen, die aus anderen EU-Ländern auf die Kanaren gebracht werden oder die ständig auf den Kanaren leben, jährlich gegen Tollwut geimpft werden müssen, 

dann müsste man sie mal fragen, welche Rechtsgrundlage sie dafür vorweisen können. 

Es würde uns wundern, wenn sie eine hätten. 

Die Kanaren sind, wie andere zur EU gehörende Inseln oder Inselstaaten (Malta, Irland, UK), natürlich schon längst tollwutfrei

In der Leserzuschrift heißt es: 

„Auf den Kanaren (und die gehören zur EU) muss jährlich eine Tollwutimpfung gemacht werden, wegen der Nähe zu Afrika und den ganzen Flüchtlingen, die nach hier rüberkommen.“

Das ist natürlich rassistischer Unfug. Flüchtlinge aus Afrika als Tollwutgefahr für kanarische Haustiere? Soll das heißen, dass afrikanische Flüchtlinge auf den Kanaren Hunde oder Katzen anfallen und beißen könnten? 

Wir haben jedenfalls noch nie gehört, dass afrikanische Flüchtlinge tollwutinfiziert waren, ob sie nun auf den Kanaren, in Süditalien oder auf Malta europäischen Boden betreten haben.

Und wir haben noch nie gehört, dass Tollwut von Menschen auf Hunde oder Katzen übertragen wurde. 

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Wie gesagt: Gut möglich, dass kanarische Behörden und/oder Tierärzte sich eigene Vorschriften ausgedacht haben. Ob die EU-konform sind, wäre dann aber sehr die Frage.  

Wären wir betroffen, würden wir uns an das zuständige Ministerium in Madrid wenden, vielleicht auch an die EU-Kommission und den EU-Ombudsmann (bzw. die Ombudsfrau), und um Klärung bitten. 

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Eine Leserin hat uns diesen Kommentar gesendet:

„Über manches kann man nur den Kopf schütteln … Ich lese hier regelmäßig mit und denke, der Zeitpunkt ist gekommen, danke zu sagen. Für die Mühe, die fundierten Informationen und den gesunden Menschenverstand.“

Herzlichen Dank. Ja, es schüttelt einen, wenn man liest, dass afrikanischen Flüchtlingen jetzt auch noch Tollwut (!) angehängt wird. Gibt der anonyme Verfasser der Kanaren-Zuschrift nur wieder, was jemand auf den Kanaren tatsächlich mal geäußert hat, oder glaubt er (oder sie) selbst diesen rassistischen Schwachsinn?
Weihnachtsgrüße nach Mannheim,
MP

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