Ein verbreiteter Irrtum über Lepto-Impfstoffe

 

 

Was macht Lepto-Impfstoffe nebenwirkungsträchtig?

Liegt es an Adjuvantien (Wirkverstärkern) oder sonstigen Zusatzstoffen?

Das glauben manche Tierhalter/innen und Tierheilpraktiker/innen (und auch Tierärzte/innen, obwohl sie die Beipackzettel kennen sollten).

Es wird behauptet, die Hersteller müssten „viele Gifte in die Lepto-Impfstoffe packen“, um eine Immunreaktion zu erzielen.

Falsch. 

Die meisten Lepto-Impfstoffe am deutschen und europäischen Markt enthalten überhaupt keine Adjuvantien, Ausnahme sind Produkte von Zoetis. Thiomersal kann drin sein, das ist aber kein Adjuvans, sondern ein Konservierungsmittel.

 

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Was ist es dann? Es sind die Leptospiren selbst.

Impfstoffe aus ganzen abgetöteten Bakterien = Ganzkeim-Bakterine sind deshalb nebenwirkungsträchtig, weil sie durch die Abtötung freigesetzte toxische (giftige) Bestandteile der Bakterien (Endotoxine) enthalten. In der Humanmedizin sind Ganzkeim-Bakterine deshalb schon lange nicht mehr üblich, jedenfalls in den wohlhabenden Ländern.

Oliveira Dias et al. 2012 schreiben über Ganzkeim-Pertussisimpfstoffe (Impfstoffe gegen Keuchhusten):

„Die beobachteten Probleme mit der Verträglichkeit führten zur Entwicklung von azellulären Pertussisimpfstoffen“ (Übers. MP).

Azelluläre Impfstoffe enthalten nur einige wenige Bestandteile der Bakterien, sie sind also viel sauberer. 

„Die durch die Ganzkeim-Impfstoffe bedingten unerwünschten Wirkungen sind weltweit ein Hindernis für ihren Gebrauch, weshalb sie in der industrialisierten Welt nach und nach durch azelluläre Impfstoffe ersetzt wurden“ (Übers. u. Hervorh. MP).

Aber: „Azelluläre Impfstoffe sind teuer und stellen für Entwicklungsländer eine wirtschaftliche Belastung dar“ (Übers. MP).

 

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Dass azelluläre Impfstoffe in der Herstellung teurer sind als Ganzkeim-Produkte, dürfte auch der Grund sein, weshalb sie in der Tiermedizin nach wie vor weltweit verwendet werden.

Obwohl Hundehalter natürlich Preise zahlen, die die Kosten von azellulären Alternativen garantiert mehr als reichlich decken würden. Aber solange die Leute diese nebenwirkungsträchtigen Impfstoffe geben lassen, haben die Hersteller keinen Grund, verträglichere Produkte zu entwickeln.

 

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Welche Nebenwirkungen diese Ganzkeim-Bakterine bei Tieren verursachen können, ist wenig erforscht.

Warum auch? Es sind doch nur Tiere („Nutztiere“ und Gesellschaftstiere), da kommt es auf Verträglichkeit nicht an. Und: Erleidet ein Hund Nebenwirkungen durch einen Lepto-Impfstoff, wird der Zusammenhang einfach abgestritten, fertig.

Immerhin findet man in Veröffentlichungen über Ganzkeim-Bakterine für „Nutztiere“ ziemlich klare Aussagen zu den Problemen. Rinderzüchter werden darauf hingewiesen, möglichst wenige Ganzkeim-Impfstoffe gleichzeitig zu geben, weil sie die Tiere krankmachen und somit wirtschaftliche Verluste bescheren können.

Ellis et al. 1997 beschreiben systemische Nebenwirkungen bei Kälbern, die eine Kombi aus Virusimpfstoffen und Ganzkeim-Bakterinen erhalten hatten. Als Adjuvans enthielt die Kombi zudem Endotoxin aus der Zellwand von Mykobakterien.

21 Kälber im Alter von sieben bis 30 Tagen wurden geimpft, acht bis zehn Stunden danach war eines von ihnen tot, die anderen 20 waren apathisch. Sie wollten nicht stehen und nicht saugen; als man versuchte, sie zu bewegen, wirkten sie steif und schienen Schmerzen zu haben. Alle Kälber hatten starke Schwellungen an der Injektionsstelle. 15 Kälber wurden mit dem üblichen Mix aus Antibiotikum und Kortison behandelt, fünf weniger stark betroffene erhielten kein Medikament. Am nächsten Tag ging es den Tieren besser.

Das tote Kalb wurde obduziert, es fanden sich Schäden an den Nieren mit Blutungen und vor allem Schäden in der Lunge mit Blutungen, Ödem und schwerer Entzündung.

Laut Ellis et al. können Endotoxine sehr unterschiedlich auf den Organismus wirken, bei Rindern scheint es oft die Lunge zu treffen.

Endotoxine stimulieren die Produktion von entzündungsfördernden Immunbotenstoffen (Interleukin 1, Interleukin 6 und Tumornekrosefaktor). Sie können das Immunsystem einerseits stark anregen (weshalb Endotoxine als Wirkverstärker für Tierimpfstoffe eingesetzt werden), sie können es andererseits aber auch überstimulieren und pathologische Effekte hervorrufen, bis hin zu lebensbedrohlichen schockartigen Reaktionen.

 

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Interessant an der Kälberstudie ist, dass es die Tiere so unterschiedlich getroffen hat. Was aber auch nicht weiter überraschend ist, lebende Organismen sind keine identischen Maschinen.

Risikofaktoren für Schäden durch Ganzkeim-Bakterine sind Ellis et al. zufolge Alter, Genetik, Immunstatus und die Menge an Endotoxinen.

 

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Sicherlich stecken viele Hunde die Lepto-Impfung gut weg. Aber ob ein Hund sie verträgt, kann niemand vorhersagen.

 

 

PS: Für das Jahr 2017 wurden der Europäischen Arzneimittelagentur Ema auf elektronischem Wege 1240 Fälle von Nebenwirkungen nach Gabe von Nobivac L4 gemeldet. Für die Kombi Versican Plus DHPPi/L4 waren es 577, für Versican Plus DHPPi/L4R 144. Wenn man bedenkt, dass mindestens 95 Prozent, eher aber 99 Prozent der Nebenwirkungen gar nicht gemeldet werden, ist das eine ganze Menge.

©haustiereimpfenmitverstand.blogspot.de/

 

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