Schweizer Wissenschaftler haben festgestellt, dass sich der Anteil der „Injektionsstellensarkome“ an den Tumorerkrankungen der Katzen im Zeitraum 2010 bis 2014 vermindert hat (Graf et. 2018).
Waren zuvor über 20 Prozent aller erfassten Tumorerkrankungen bei Katzen in der Schweiz „Injektionsstellensarkome“, so sank dieser Anteil von 2010 bis 2014 auf 11 Prozent.
Das führen die Studienautoren auf einen adjuvansfreien Impfstoff gegen das feline Leukämievirus (FeLV, „Leukose“) zurück, der in der Schweiz 2007 auf den Markt kam. Also auf ein Produkt, das keinen Wirkverstärker enthält.
Die Verkaufszahlen für das adjuvansfreie FeLV-Produkt gehen seit 2010 steil nach oben, sie haben sich bis 2014 ungefähr vervierfacht.
Laut dem Schweizer Katzenkrebs-Register SFCR wurde nach der Einführung eines adjuvanshaltigen FeLV-Impfstoffs 1986 eine beträchtliche Zunahme von Fibrosarkomen verzeichnet (Graf 2016).
Diese Entwicklung hat sich der neuen Studie (Graf 2018) zufolge nach Einführung des adjuvansfreien Produkts umgekehrt.
Am Schweizer Markt konkurrieren nur zwei FeLV-Impfstoffe: Purevax FeLV (adjuvansfrei) und Leucogen (mit Aluminiumadjuvans). Ein drittes Produkt (mit einem Polymer als Adjuvans) verschwand 2012 vom Markt.
Impfstoffe gegen FeLV und Tollwut galten und gelten als Hauptverursacher von Impfsarkomen, und zwar, weil die allermeisten starke Adjuvantien enthalten.*
Tollwutimpfstoffe spielen in der Schweiz jedoch keine Rolle mehr, weil das Land seit langem tollwutfrei ist und Katzen nur noch für grenzüberschreitende Reisen gegen Tollwut geimpft werden.
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So weit, so erfreulich.
Obwohl ein Rückgang von 20 Prozent auf 11 Prozent aller Tumorerkrankungen nach wie vor viel – größtenteils vermeidbares – Leid für Katzen und ihre Menschen bedeutet.
Und: Die Studie ergab, dass auch eidgenössische Tierärzte immer noch gern zwischen die Schultern impfen. Dabei empfiehlt der Schweizer Kleintierärzteverband seit 2008, dort keine Injektionen zu verabreichen.
Laut Graf et al. liefern die zwei Analysen der Tumorzahlen (Anstieg von 1986 bis 2008 und Rückgang seit 2010) weitere Belege dafür, dass das „Injektionsstellensarkom“ durch adjuvanshaltige Impfstoffe ausgelöst wird, besonders durch solche, die Aluminiumadjuvantien enthalten.
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Sicherlich eine interessante und nützliche Studie.
In einem Punkt ist sie freilich nicht überzeugend: Wenn die Autoren den deutlichen Rückgang der Fallzahlen einem bestimmten Impfstoff zuschreiben, warum nennen sie das Ding trotzdem „Injektionsstellensarkom“?
Wäre es nicht ehrlicher, vom Impfsarkom zu sprechen?
PS: In einer älteren, ähnlich angelegten Studie aus Kanada ergab sich kein Rückgang der Fallzahlen nach Einführung des adjuvansfreien FeLV-Impfstoffs. Allerdings agieren am kanadischen Markt neben dem Purevax-Hersteller mächtige Konkurrenten wie etwa Zoetis mit ihren adjuvanshaltigen Produkten.
PPS: Wir würden Katzen im Alter von über einem Jahr überhaupt nicht (mehr) gegen FeLV impfen lassen. Näheres s. „Katzen impfen – Der kritische Ratgeber“.
*In Deutschland steht für Katzen neben dem adjuvansfreien FeLV-Impfstoff auch ein adjuvansfreier Tollwutimpfstoff zur Verfügung.