Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt

Diese Geschichte ist uns soeben zugetragen worden (herzlichen Dank an D.):


Erster Akt 

Eine Hundehalterin bringt ihren Welpen zur zweiten Impfung zur Tierärztin. Die impft nicht nur die volle Dröhnung (SHPPi/L), sondern auch Tollwut. Und dafür trägt sie als Gültigkeit vier Wochen ein. 

Auf Anraten der Züchterin geht die Tierhalterin gleich noch mal in die Praxis, um den Eintrag für die Gültigkeitsdauer der Tollwutimpfung ändern zu lassen. 

Die Tierärztin reagiert ungehalten und erklärt, sie müsse laut Beipackzettel nochmals impfen. Sie übermalt das Gültigkeitsdatum mit Tipp-Ex. 

Tipp-Ex in einem Heimtierpass? Super Idee. 

Und: In welchem Beipackzettel eines in Deutschland zugelassenen Tollwutimpfstoffs steht, dass man Welpen zweimal hintereinander impfen muss? 

Im Beipackzettel des verwendeten Produkts (Nobivac T) steht es jedenfalls nicht. Laut Beipackzettel besteht die Grundimmunisierung aus EINER Impfung im Alter von mindestens 12 Wochen.


Zweiter Akt

Die Hundehalterin geht noch einmal in die Praxis, bewaffnet mit dem Beipackzettel von Nobivac T und der Liste des Paul-Ehrlich-Instituts zur Immunitätsdauer der in Deutschland zugelassenen Tollwutimpfstoffe für Tiere.  

Die Tierärztin schreibt 2015 in den Impfpass. 

Die Tierhalterin rechnet ihr vor, dass drei Jahre Gültigkeit 2016 bedeuten.

Die Tierärztin schreibt 2016 in den Impfpass. 


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Eine dauerhafte Vertrauensbeziehung ist da wahrscheinlich nicht entstanden. 


***


Der Fairness halber muss man aber erwähnen: Die Ständige Impfkommission Vet empfiehlt, Hunde im Welpenalter zweimal gegen Tollwut zu impfen, und zwar „aus immunologischen Gründen“. Welche immunologischen Gründe das sein sollen, bleibt das Geheimnis der Stiko Vet. Hat die Zulassungsbehörde etwa gepfuscht?

Wie auch immer: Die Tierärztin wollte vielleicht nur die „Leitlinie“ der Stiko Vet befolgen. (Aber warum hat sie dann nicht existente Beipackzettelvorgaben geltend gemacht?)


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Auffallend ist, dass diese „Leitlinie“ nur dann gern befolgt wird, wenn mehr Impfungen empfohlen werden, als die Hersteller verlangen

Beim Dreijahresrhythmus für Staupe-Hepatitis-Parvo (*) ist die Leitlinien-Treue der Kleintierärzte sehr viel weniger ausgeprägt

Viele – wahrscheinlich die meisten – impfen SHP immer noch jährlich.

Es sei denn, die Tierhalter/innen wehren sich



(*) Die dreijährliche „Auffrischung“ für SHP ist genauso willkürlich wie die jährliche, ihr Nutzen ist nicht belegt. Komisch, dass man in der Humanmedizin in punkto Immunitätsdauer der Impfungen viel entspannter ist als in der Veterinärmedizin. Jährliche oder dreijährliche „Auffrischungen“ mit Viruslebendimpfstoffen sind in der Menschenarztpraxis völlig unbekannt. 


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